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Container-Nr.: 1

Zeit: Juli 2010 – Oktober 2011

Projektparter: Bicycling Empowerment Network (BEN) Namibia, Catholic AIDS Action (CAA) Mariental, CISP (Comitato Internazionale per lo Sviluppo dei Popoli)

Projektname: Cycle 4 Life Bicycle Project

2009 arbeitete Vereinsvorstand Johannes Wolf sechs Monate für BEN in Namibia. Er nutzte die Zeit vor Ort und besuchte elf von damals ca. 20 Fahrradwerkstätten im südafrikanischen Land. Bestärkt durch die ausschließlich positiven Erfahrungen entschloss sich Johannes, das erste Projekt von Fahrräder für Afrika e.V. in Namibia zu realisieren. Dorthin ging dann auch der erste Container, randvoll mit gespendeten Fahrrädern, Ersatzteilen, Werkzeug und ein paar Rollstühlen. Bei der Umsetzung konnte auf die Unterstützung von BEN zurückgegriffen werden, die mit ihren Kenntnissen von Land und Leuten den Erfolg des ersten Projektes absicherten.

Die Ankunft des Containers in Mariental war gleichzeitig der Startschuss für die Ausbildung der Fahrradmechaniker. Paulina, eine Mitarbeiterin von BEN Namibia, kam dazu als Ausbilderin für vier Wochen nach Mariental. Bevor das Ausbildungsprogramm zum Fahrradmechaniker beginnen konnte, hieß es aber Ärmel hochkrempeln und ausladen. Die angehenden Fahrradmechaniker Isaak, Adolf, Carl und Priscilla luden gemeinsam mit weiteren Helfern 450 eng gepackte Fahrräder aus dem Container und verstauten Sie auf dem Gelände der örtlichen Stadtverwaltung, nahe der CAA. Die Umgebung der zukünftigen Fahrradwerksatt ist von Wellblechhütten gesäumt. Die Ankunft des Containers und das Ausladen zog zahlreiche neugierige und interessierte Blicke der umliegenden Anwohner und späteren potentiellen Kunden auf sich.

Nach dem Ausladen stellte Paulina die Ausbildungsunterlagen für die "Azubis" zusammen. Der Unterricht konnte beginnen. Isaak, Adolf, Carl und Priscilla begannen mit Werkzeugkunde ihre Ausbildung. Da die vier Lehrlinge alle HIV-positiv sind, werden sie schon lange von der CAA betreut. Diese Organisation kümmert sich um HIV-Infizierte und führt HIV/Aids-Prävention im gesamten Land durch. Von der CAA wurden die Vier auch für die Projektteilnahme ausgewählt.

Nachdem sich die Lehrlinge an den Umgang mit dem Werkzeug herangetastet haben, begannen sie an den Fahrrädern herumzuschrauben. Isaak, Adolf, Carl und Priscilla sehen die erste Ausbildung in ihrem Leben als große Chance. Das sah man: Motiviert und wissbegierig waren sie bei der Sache.

Während der  Mechanikerausbildung lernten sie den richtigen Umgang und Einsatz verschiedenster Werkzeuge. Beim Zerlegen und Wiederzusammenbauen der Fahrräder wurden die angehenden Mechaniker immer fingerfertiger. Gelegentlicher Frust über die Tücken der Fahrradmechanik wurde stets von neuen Lernerfolgen verdrängt.

Nach dieser Intensivschulung in der Fahrradmechanik folgte ein zweiwöchiges kaufmännisches Training. Paulina wurde für die Vermittlung der betriebswirtschaftlichen Grundlagen von einer Mitarbeiterin der italienischen Organisation CISP abgelöst. Hier lernten die frisch gebackenen Mechaniker den grundlegenden Umgang mit Geld, wie man Preise bzw. Löhne festlegt, Kundengespräche führt und die monatlichen Finanz- und Lageberichte erstellt. Anhand der Berichte kann später durch BEN, CAA und uns nachvollzogen werden, wie die Fahrradwerkstatt läuft. So bleibt es transparent, was verkauft wurde und wie Gewinne verwendet werden.

Im Anschluss an dieses letzte Ausbildungsmodul konnte es mit dem Verkauf und der Reparatur der Fahrräder losgehen. In der Umgebung hatte es sich seit der Ankunft des Containers herumgesprochen, dass es hier bald Fahrräder zu erschwinglichen Preisen zu kaufen geben würde. Das große Interesse, dass diese Neuigkeiten auslösten, konnte endlich bedient werden. Isaak, Adolf, Carl und Priscilla waren von Anfang an gefordert, das gelernte mechanische und kaufmännische Wissen in Eigenverantwortung anzuwenden.

Mit dem Ausbildungsabschluss sind die Mitarbeiter der Fahrradwerkstatt in der Lage, eigenverantwortlich, unabhängig und nachhaltig Fahrräder und Ersatzteile zu verkaufen und zu reparieren. Das Kleinstunternehmen finanziert alle Ausgaben wie Löhne, Ersatzteile und neue Fahrräder komplett selbst durch die Verkaufsaktivitäten. Darüber hinaus werden Überschüsse dazu benutzt, weitere lokale Projekte zu unterstützen. So wird z. B. von CAA eine Suppenküche betrieben, in der dreimal pro Woche für ca. 50 Waisenkinder gekocht wird. Ein Erfolg der Fahrradwerkstatt soll weitere solche Hilfsprojekte vor Ort ermöglichen

Ein Fahrrad bedeutet Mobilität, Freiheit, Unabhängigkeit. Neben der Fortbewegung zu Fuß stellt ein Fahrrad für viele Menschen im südlichen Afrika die einzige erschwingliche Möglichkeit zur Überwindung langer Distanzen dar. So können Versorgungseinrichtungen, Krankenhäuser, Arbeitsstellen oder Schulen in angemessener Zeit erreicht werden. Neben der umweltfreundlichen und gesunden Fortbewegungsart auf zwei Rädern, können so die sonst erforderlichen Ausgaben für Taxis oder Busse gespart werden.

Ein Fahrrad schafft hier mehr Lebensqualität!